Plastik — Der Stoff, aus dem ein Albtraum geworden ist.

Vanessa Koch — — 5 Minuten

Wie kein anderes Material hat Plastik unsere Gesellschaft und unser Leben im 20. Jahrhundert revolutioniert - ein Alltag ohne ist nicht mehr vorstellbar. Unsere Kinder spielen in Plastikwindeln mit Plastikspielzeug. Wir trinken Wasser aus Plastikflaschen und Kaffee aus Plastikbechern. Wir transportieren unsere Einkäufe in Plastiktüten, kleiden uns mit Textilien aus Plastikfasern und reinigen unsere Zähne, Haare und Haut mit Pflegemitteln die Plastik enthalten.

Plastik, der Stoff aus dem ein Albtraum geworden ist.
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Es steckt überall drin. Warum? Weil es extrem günstig herzustellen ist, in jede Form gebracht werden kann, unseren schnelllebigen Alltag noch einfacher und angenehmer macht, ein profitables Geschäft ist und obendrein eine hohe Haltbarkeit besitzt. Dass es unsere Gesundheit gefährdet und die Umwelt zunehmend vergiftet, ist die andere, düstere Seite.

Wie Ihr bestimmt gemerkt habt, sprechen wir von Plastik. Aber nennen wir es beim Namen: Kunststoff. So wird unmissverständlich klar, dass es ein Stoff ist, der in der Natur nicht vorkommt. Kunststoffe entstehen durch eine als Polymerisation bezeichnete Abfolge chemischer Reaktionen aus organischen Rohstoffen, zumeist Erdgas und Erdöl.

Polymerisation von Plastik

Durch verschiedene Formen der Polymerisation lassen sich Kunststoffe mit variablen Eigenschaften herstellen: weich oder hart, transparent oder undurchsichtig, fest oder flexibel. Sie bestehen aus Makromolekülen, Struktureinheiten, die aus sehr vielen Atomen zusammengesetzt sind. Langkettige, extrem stabile Polymere.

Kaum verwunderlich, dass die Natur diese Kunststoffe nicht einfach abbauen kann – Mikroorganismen, die sonst alles in ihre Bestandteile zerlegen und so in den Kreislauf zurückführen, beißen sich an ihnen die Zähne aus. Oder anders gesagt: Alle synthetischen Kunststoffe, die je produziert wurden sind immer noch unter uns.

Hier einmal ein paar Zahlen: Schätzungsweise wurden bis zum Jahr 2015 insgesamt 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert. Die Forscher von der University of Georgia und der University of California in Santa Barbara berechneten, dass davon ca. 6,3 Milliarden Tonnen als Müll endeten, nur knapp 10 Prozent davon hat man wiederverwendet, 12 Prozent verbrannt und 79 Prozent lagern auf Deponien oder in der Natur. Und Kunststoff wir Tag für Tag weiter produziert. Wir nähern uns aktuell der 10 Milliarden Tonnen mit schnellen Schritten. 1

Wann begann alles?

Die Geschichte des Plastiks beginnt bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, die ersten Kunststoffe wurden noch aus natürlichen Rohstoffen hergestellt. Wurde Plastik lange Zeit als ein hochwertiges Material betrachtet und behandelt, begann in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, angetrieben vom steigenden Wohlstand, Massenkonsum, Ressourcenmangel und der einflussreichen Öl- und Erdgasindustrie, die Produktion von günstigen synthetischen Kunststoffen.

Und da beginnt das Problem.
Mit Plastik beginnt ein neues Zeitalter: Die Wegwerfgesellschaft. Immer mehr Einweg-Produkte schwemmen den Markt – das ist der Lifestyle des 21. Jahrhundert.

Plastik ist buchstäblich in aller Munde und auf unserem Planeten mittlerweile überall zu finden. Wenn wir es nicht mehr brauchen, landet es im Müll. Von dort nimmt es seinen Weg. Wir finden es in der Erde, in Flüssen, auf den höchsten Bergen und an den entlegensten Orten, in den tiefsten Tiefen der Ozeane. Um dann als Mikroplastik wieder auf unserem Tisch zu landen, wenn wir zum Beispiel Fisch essen. Der Kreis hat sich geschlossen. Ein Teufelskreis.

Plastik gelangt ins Meer und zerfällt dort in immer kleinere Teile, ohne jemals ganz zu verschwinden.

Das Dilemma:

Wir produzieren immer größeren Mengen Plastik, nutzen es zumeist nur einmal. Nur ein Bruchteil wird recycelt und die Plastikmüllberge auf der ganzen Welt wachsen stetig. Wir in Deutschland, wie auch andere Nationen, reagieren darauf mit Müllexporten. Nach Angaben des Branchenverbandes PlasticsEurope wird erwartet, dass sich die Produktion in den nächsten 15 Jahren verdoppelt und sich bis zum Jahr 2050 insgesamt vervierfacht hat.

There's no excuse for Single-use.

In unseren Augen gibt es nur eine Alternative: Wir müssen komplett auf Plastik verzichten. Insbesondere auf Einweg-Produkte. Die Mülltrennung in Deutschland funktioniert nicht wirklich und die Abfallentsorgung wird zu einer immer größeren Herausforderung. Und auch wenn es beim Recycling Fortschritte gibt, wir dürfen nicht noch mehr Plastik produzieren und die Umwelt vergiften.

Natürlich gibt es Bereiche wie die Medizin, die diese vielseitigen Kunststoffe noch nicht ersetzen kann. Aber wir können und müssen unser Verhalten im Alltag ändern. Da helfen auch keine Bio-Kunststoffe, ein trügerischer Begriff, der falsche Hoffnungen weckt.

Die Zahlen und Fakten zum Thema Plastik, wie viel bei uns und weltweit verbraucht, recycelt oder in die Umwelt gelangt, verändern sich natürlich ständig. Damit Ihr immer auf dem aktuellsten Stand seid, was die Entwicklungen dahingehend angehen, haben wir ein paar Links zu den wichtigsten Seiten dazu zusammengestellt:

Plastic Pollution Coalition

https://www.plasticpollutioncoalition.org/

Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland

https://www.bund.net/

Heinrich Böll Stiftung

https://www.boell.de/de


1 – Wie viel Plastik wir jemals produziert haben