Plastik und Körperpflege. Da passt was nicht.

Till Hinrichs — — 5 Minuten

Ob flüssig, als Gel, als Bindemittel oder als Füllstoff, Kunststoff ersetzt in vielen Kosmetika natürliche Stoffe. Erstens, weil sie sonst mit natürlichen Stoffen teurer wären und Kunststoff günstige Alternativen bietet. Außerdem werden auch immer wieder Stoffe mit neuen Konsistenzen entwickelt, die es in der Natur so nicht gibt. Die Kosmetikindustrie hat das Mikroplastik für sich entdeckt.

Hören wir Verbraucher von Mikroplastik in Pflegeprodukten, denken wir häufig an die kleinen Körnchen oder Perlen in unseren Duschgels, Gesichtsmasken oder Peelings. Aber man findet es in allen Arten von Haar- und Hautpflegeprodukten, in Sonnencremes, Zahnpasta, Make-up, Lippenstiften, Lotionen und sogar in Pflegeprodukten für Babys.

Viele Kosmetika enthalten Plastik.
Viele Kosmetika beinhalten Kunststoffe. (Foto: Moose Photos von Pexels)

Was ist Mikroplastik?

Als Mikroplastik bezeichnet man alle Kunststoffpartikel, die kleiner als 5 Millimeter sind. Bei Mikroplastik unterscheidet der Fachmann zwischen „primärem“ und „sekundärem“. Sekundäres Mikroplastik entsteht beim Abrieb der Reifen von Autos auf Straßen oder auch beim Zersetzen von Plastik in der Natur. Das primäre Mikroplastik, um das geht es hier, findet sich leider in vielen unserer Pflegeprodukte. Die Nachteile davon sind ungleich größer.

Es kann in unserer Kläreinlagen nicht gefiltert werden landet somit in Flüssen, im Boden, in Seen und schließlich im Meer. Die Meerstiere nehmen es über die Nahrung auf. Aufgeladen mit Weichmachern und hormonähnlichen Substanzen, kann es deren Fortpflanzung beeinträchtigen, der Stoffwechsel gestört werden und es kann zu hormonellen Krankheiten führen. Genau. DAS alles gilt natürlich auch für uns. Wir sind Teil desselben Kreislaufs, ganz gut, sich mal daran zu erinnern.

Jeden Tag nehmen wir Mikroplastik zu uns und tragen es auf unsere Haut auf. Denn in vielen unserer herkömmlichen Pflegeprodukte sind Kunststoffe enthalten - mikrofein. Reichern sich diese Substanzen auch in unserem Körper an, können ebenfalls Störungen und Krankheiten entstehen.

Auch wenn die Kosmetikindustrie Mikroplastik aus ihren Produkten verbannen will, es ist allgegenwärtig.

Der Knackpunkt: Jedes Unternehmen hat seine eigene Definition von Mikroplastik, denn es gibt noch keine einheitliche zu Mikroplastik. Damit kann auch kein Verbot ausgesprochen werden. Für viele Unternehmen ist Mikroplastik nur das, was in Peelings als kleine Körnchen verwendet wird. Das lassen sie dann weg und glauben, das Thema hätte sich erledigt. Passt ihnen ja auch gut. Für uns Verbraucher passt das nicht, denn die Liste der synthetischen Stoffe in Pflegeprodukten ist lang.

Was sich hinter den Namen und Abkürzungen alles versteckt, ist vielen zudem nicht klar.

Vielleicht kennt man im besten Fall noch „Polyethylen“ (PE), „Polypropylen“ (PP), „Polyamid“ (PA) oder „Polyethylenterephtalat“ (PET), der Stoff aus dem Mehrweg-Getränkeflaschen sind. Aber dann wird es fies, denn es gibt deutlich mehr synthetische Stoffe. Auf die hier solltet Ihr besonders achten, wenn Ihr einkaufen geht:

Acrylate Copolymer (AC)
Acrylate Crosspolymer (ACS)
Polyamide (PA, Nylon-6, Nylon-12)
Polyacrylate (PA)
Polymethylmethacrylate (PMMA)
Polyethylene (PE)
Polyethylenterephthalate (PET)
Polypropylene (PP)
Polystyrene (PS)
Polyurethane (PUR)

Das war es noch nicht. Dazu kommen noch die Silikone. Die gehören auch zu den Kunststoffen. Du erkennst Silikone auf Verpackungen an den Endungen, wie „-cone“ oder „-xane“. Am häufigsten verwendet werden „Dimethicone“, „Methicone“, „Polysiloxane“ oder „Cyclomethicone“.

Tipp: Je weiter vorn die Stoffe auf der Liste der Inhaltsstoffe zu finden sind, desto höher ist ihre Konzentration.

Greenpeace hat in einem umfassenden Bericht zu Mikroplastik in Kosmetik festgestellt, dass kein genutztes Silikon in der Kosmetikindustrie je auf seine Wirkung für die Umwelt getestet wurde. Aber alle wurden als unbedenklich eingestuft. 1

Wie gesagt, Silikone in der Kosmetik sind nicht nur für den Menschen gesundheitsgefährdend. Auch unsere Umwelt hat damit zu kämpfen. Allein die Herstellung von Silikon verursacht schon jede Menge klimaschädliches Kohlendioxid.

Mal so nebenbei: Die Kosmetikindustrie verkauft weltweit pro Jahr 330 Tonnen Kosmetik!

Die Industrie wirbt mittlerweile mit „wasserlöslichen Silikonen“. Auch hier gelangen die Reste aus den Kläranlagen zum Düngen auf den Feldern und damit im Grundwasser.

Woran erkenne ich plastikfreie Kosmetik beim Einkaufen?

Müsst ihr jetzt alle giftigen Inhaltsstoffe für euren nächsten Einkauf auswendig lernen? Nein, am besten ihr bewaffnet Euch mit der Codecheck-App, wenn ihr einkaufen geht. Per App könnt ihr den EAN Code auf dem Produkt einscannen und Codecheck zeigt euch, welche Stoffe in der Inhaltsangabe Kunststoffe sind und welche nicht. Und welche Stoffe für die Gesundheit bedenklich sind. Hier geht es zur Codecheck App.

Der BUND hat ebenfalls eine Liste von Kosmetikartikeln veröffentlicht, die regelmäßig aktualisiert wird.

Gibt es Alternativen? Ja! Bio zertifizierte Kosmetik- und Pflegeprodukte dürfen keine erdölbasierten und synthetischen Stoffe enthalten. Produkte mit diesen Siegeln halten was sie versprechen: BDIH, Demeter, Ecocert oder Natrue.

BDIH, ECOCERT, NATRUE, DEMETER

Fazit:

Was echt doof ist, viele Verpackungen von Biokosmetik sind aus Kunststoff oder aus Verbundmaterialien mit Kunststoff. Ein Großteil der Unternehmen argumentieren immer wieder mit dem Gewicht beim Transport oder der einfachen Handhabungen, da die Verpackungen nicht so schnell kaputt gehen können. Besser wäre jedoch Biokosmetik aus dem Glas oder aus Porzellan, da dort definitiv auch keine Schadstoffe aus der Verpackung auf die Kosmetik übertragen werden kann und am Ende besserer Rohstoff übrig bleibt. Ein paar Unternehmen nehmen sogar ihr Verpackungen auch selbst entgegen für eine Wiederverwertung. Am allerbesten ist es natürlich, wenn die Pflegeprodukte verpackungsfrei angeboten werden.


1 – Vom Waschbecken ins Meer; Greenpeace