Wenn Sport toxisch ist.

Vanessa Koch — — 8 Minuten

Durch die Pandemie hat bei vielen von uns das Micro- Fitness-Studio zu Hause Einzug gehalten. Yogamatte, Sportkleidung, elastische Bänder, Gewichte uvm. sorgen dafür, dass wir die Zeit bis zum nächsten Sport draußen oder im Studio überbrücken und weiterhin fit und gesund bleiben.

Wenn Sport toxisch ist.
Einige Sport Produkte sind leider mit Chemikalien belastet. (Foto: Karolina Grabowska von Pexels)


Doch wusstet ihr auch, dass viele Sportartikel und auch die Bekleidung aus Kunststoffen bestehen und viele Chemikalien beinhalten, die gar nicht Gesund sind? Irgendwie gemein, wenn man etwas für seine Gesundheit machen möchte und dann über seinen Schweiß oder die Raumluft ungesunde Chemikalien aufnimmt.
Dabei ist es oft nicht ganz einfach zu erkennen, ob die Materialien gesundheitsgefährdende Chemikalien enthalten. Ein unangenehmer Geruch, der einem in die Nase kriecht, kann ein Indiz sein, dass der Kunststoff nicht ganz geheuer ist.

Das steckt in Sportartikeln

In vielen Sportartikeln finden sich Weichmacher (Phthalate). Sie sorgen für die Elastizität der Materialien und finden sich in vielen Sport-Kleinst-Geräten wieder: Yogamatten, Fitnessbändern aber auch in Schwimm- und Tauchartikeln, Handschuhe und Bällen werden sie angewendet. Oft erkennt man Kunststoffe mit Weichmachern, wenn diese mit der Zeit brüchig und porös werden, weil sich die weichmachenden Zusatzstoffe im Kunststoff verflüchtigen.
Aber auch in wasser- und windabweisende Outdoorkleidung sind ungesunde Substanzen wie PFC (per- und polyfluorierte Chemikalien) enthalten.

Beim Sport werden die Schadstoffe durch den Schweiß gelöst und über die Haut aufgenommen. (Foto: Karolina Grabowska von Pexels.)

Zu den am häufigsten verwendeten Chemikalien bei Sportartikeln gehören Farbstoffe, Bleichmittel, Lösungsmittel, Weichmacher und Imprägniermittel. Einige dieser Chemikalien sind für die menschliche Gesundheit und die Umwelt schädlich. Viele dieser gefährlichen Chemikalien greifen in unser Hormonsystem ein und können so zu allerlei gesundheitlichen Problemen führen, wie zum Beispiel Unfruchtbarkeit, Immunschwäche oder Diabetes. Zudem reichern sie sich auch in der Umwelt in anderen Organismen an und führen dort ebenfalls zu schädlichen Veränderungen. Da es erst auf die Mengen ankommt, sind die negativen Auswirkungen erst nach einigen Jahren sichtbar, wenn es also fast zu spät ist. Besser ist es daher auf Produkte mit diesen Chemikalien zu verzichten. Da es erst auf die Mengen ankommt, sind die negativen Auswirkungen erst nach einigen Jahren sichtbar, wenn es also fast zu spät ist. Besser ist es daher auf Produkte mit diesen Chemikalien zu verzichten.

Das ist manchmal aber gar nicht so einfach. Denn die Unternehmen sind nicht verpflichtet diese Chemikalien zu nennen bzw. wissen davon selbst nichts, wenn sie ihre Produkte von Dritten produzieren lassen. Unwissenheit schützt aber nicht, denn spätestens die Testlabore finden die schädlichen Zusatzstoffe heraus. Andere Chemikalien sind noch zugelassen, weil es dafür keine eindeutigen Studien gibt, sie noch relativ neu sind oder bisher für den Textilbereich noch nicht vorgesehen waren.
Bakterienhemmende Biozide sind z.B. noch ganz neu in der Nutzung der Textilindustrie. Die Verwendung von mit ihnen imprägnierten Textilien ist erst seit einigen Jahren ein wachsender Trend. Ihre Nebenwirkungen sind daher noch gar nicht bekannt. Es mehren sich aber schon die ersten negativen Wirkungen, die sich durch dauerhafte Nutzung äußern. Bis sie aber verboten werden, dauert es noch sicherlich ein paar Jahre. Deshalb ist es ratsam, solche Textilien zu vermeiden.

Wie kann man bei Sportartikeln sicher sein?

Kauft ihr die Sportartikel direkt in einem Geschäft reicht zuweilen ein Blick auf die Textilkennzeichnung. Denn bei Textilien gibt es das Öko-Text Standard 100. Produkte mit diesem Label sind frei von Schadstoffen, die gesetzlich verboten und reglementiert sind wie: Azo-Farbstoffe, Formaldehyd, Pentachlorphenol, Cadmium und Nickel. Auch gesundheitsschädliche Chemikalien, für die es keine explizite gesetzliche Regelung gibt, beispielsweise Pestizide, dürfen bei dem Label nicht in den Textilien gefunden werden. Zudem wird auf einen hautfreundlichen pH-Wert und auf Farbechtheit getestet.
Auch ein Blick auf die Herstellerseite verrät ob das Produkt schädliche Stoffe enthalten kann. Denn Unternehmen, die schadstofffrei geprüfte Artikel verkaufen werben auch gern damit.
Das TÜV Süd Siegel zeigt auch an, dass Produkte frei von Schadstoffen sein können und vor allem im Umgang sicher sind.
Und bei Outdoorkleidung macht der Hinweis „Fluorcarbon Free DWR“ deutlich, dass Outdoor-Textilien PFC-frei sind.
Dennoch, gerade bei Imprägnierungen können auch andere schädliche Mittel eingesetzt werden, die aktuell noch nicht als solche verboten wurden, weil dazu noch Studien laufen oder noch keine Wirkungen bekannt sind.
Denn der Prozess bis zum Verbot einer Chemikalie für einen Bereich dauert in der Regel sehr lang. Besser ist es daher, Produkte von geprüften Herstellern zu beziehen und weitestgehend auf synthetische Produkte zu verzichten.

Wir als Verbraucher:innen haben allerdings das Recht, Informationen über Schadstoffe in Produkten vom Hersteller zu erhalten. Dafür hat die EU REACH ins Leben gerufen. Es steht für "Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien" (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals).
Damit es für uns einfacher ist, haben einige Nicht-Regierungs-Organisationen Apps entwickelt, die den Informationsprozess vereinfachen sollen.

Apps die helfen Schadstoffe zu erkennen

So gibt es zum Beispiel die Codecheck-App oder auch die vom BUND entwickelte ToxFox-App. Dort können einfach die Barcodes vom Produkt, die auf der Verpackung zu finden sind, eingescannt werden. Sind bereits Informationen zum Produkt vorhanden, bekommen wir sofort die Info, ob das Produkt frei von Schadstoffen ist oder nicht. Man kann in diesen Apps aber auch nach Produkten suchen. Dies erleichtert einen Online-Einkauf, wenn das Produkt in die Hand genommen werden kann oder der Barcode fehlt. Ist das Produkt noch nicht in der Europaweiten-Datenbank erfasst, besteht die Möglichkeit innerhalb der App den Hersteller direkt anzuschreiben. Dieser Prozess ist durch REACH geregelt. Sie müssen daher innerhalb von 45 Tagen antworten. Je mehr Verbraucher:innen diese Nachfrage nutzen, desto stärker steht der Hersteller unter Druck.

 
Apps helfen schnell die Schadstoffe in Sport-Produkten aufzuspühren. (Foto: Cottonbro von Pexels.)

Kritik an REACH: 

Die Idee von REACH ist schon einmal ein guter Schritt in die richtige Richtung. Es muss Auskunft gegeben werden über alle Stoffe, die auf der offiziellen Liste für besonders besorgniserregende Stoffe der Europäischen Chemikalienagentur stehen. Diese wird alle halbe Jahre angepasst. Allerdings müssen Hersteller nicht antworten, wenn die Chemikalien weniger als 0,1 Gewichtsprozent vom Produkt ausmachen. Und das sind die beiden Kritikpunkte die wir haben. Erstens dem Hersteller steht frei Schadstoffe zu verwenden, die noch nicht in der Liste stehen und zweitens für uns Verbraucher:innen ist es nämlich nicht egal, wie hoch die Menge ist, wenn wir gern darauf verzichten wollen. Denn in der Kombination ist die Menge wichtig. Werden mehrere Produkte mit 0,1 Gewichtprozent Schadstoffe genutzt oder sind die Produkte deutlich größer, ist die Menge demnach auch gleich mehr und kann schaden. Besser wäre daher eine komplette Auskunftspflicht. Ganz egal, wie hoch die Menge ist und ob die Chemikalie auf der Liste steht.

Gibt es denn Alternativen zu toxischen Sportartikeln?

Ja, die gibt es zum Glück:

  • Fitnessbänder gibt es bereits schon aus Natur-Kautschuk oder medizinisch hochwertigen Silikonen.
  • Verzichtet auf Sportkleidung mit zusätzlichen Bakterien- und geruchshemmenden Stoffen (Bioziden)
  • Anstelle von Leggings und Bra aus 100% Polyester und Farbmustern gibt es auch Leggings aus Bio-Baumwolle und wenig Elasthan-Anteil.
  • Yogamatten könnt ihr aus Naturmaterialien wie z.B. Kork bekommen. Achtet aber auch da auf das Herstellungsland und fragt gern beim Hersteller nach, denn gepresste Matten aus Kork können ebenfalls mit Klebstoffen behandelt werden, die nicht ganz gesund sind.
  • Viele Sport-Geräte gibt es aus Holz oder Metall. Vorteil: sie halten länger.
  • Ein TÜV-Siegel ist immer wichtig. Ist keins vorhanden, lieber Finger weg.
  • Und als Alternative zu wind- und wasserabweisender Kunststoffbekleidung gibt es gewachste und dichtgewebte Baumwolle oder andere Naturstoffe, die einem Regenschauer trotzen und für ein gesundes Klima während der Aktivität sorgen

 

Mehr dazu:

https://www.bund.net/themen/chemie/toxfox/?wc=24555

https://www.bef-de.org/sport-und-freizeitgestaltung-sind-materialintensiv-viel-davon-ist-aus-plastik-und-oftmals-voller-schadstoffe-es-gibt-alternativen/

War der Beitrag für euch hilfreich und hat er euch gefallen? Oder habt Ihr weitere Tipps oder noch Fragen zu der Nutzung? Schreibt uns an info@unwaste.org. Wir freuen uns mit euch in den Dialog zu gehen.